Drache Pavillon

Paare – vom Handwerk der Liebe

„Ehen werden im Himmel geschlossen – und auf der Erde gelebt“ (Ruth Jakob)

Wir alle sehnen uns nach einer guten Paarbeziehung und erfahren, wie schwer es manchmal ist, eine erfüllende und lebendige Beziehung zu leben. Dass jede Paarbeziehung – gerade auch in ihren Schwierigkeiten – eine interessante psychologische, im Kern sogar spirituelle Bedeutung hat – und ein entsprechendes (nicht leichtes!) Abenteuer ist, ist weithin in Vergessenheit geraten, oder noch gar nie recht in den Blick gekommen. Deshalb hier einige Ausführungen im Anschluss an Hans Jellouschek, Jürg Willi und insbesondere Eva Pierrakos, und wie wir das Enneageamm mit der Paar-Thematik verbinden:

„Gleich und Gleich gesellt sich gern – Gegensätze ziehen sich an“. Beide Faustregeln haben die Hand im Spiel, wenn zwei Menschen sich finden. Das Unbewusste, sowie die anfängliche Verliebtheit verdecken oft – weil ‚Liebe’ oft tatsächlich blind macht, wie auch hier der Volksmund weiss – was in diesem Paket, das so rosarot geschnürt wird, auch noch an Zündstoff drin ist, der früher oder später an die Oberfläche kommt: Man reibt sich aneinander, kämpft für- und gegeneinander, lebt sich auseinander, geht Konflikte an … oder eben auch nicht … und zahlt dann später einen Preis dafür. Abnützung oder Wachstum?, das ist die Frage. Jedes Paar – wenn es denn ein solches ist, und nicht einfach ein unverbindliches Nebeneinander zweier Individuen – gerät unweigerlich in Konflikte. Es bekommt damit aber auch Chancen der ‚Ko-Evolution’ (Jürg Willi).

Psychologisch gesehen hat der Zündstoff einer Beziehung einen tieferen Sinn: Es ist nie zufällig, wer sich mit wem zusammentut. Da stecken immer Themen drin, die zueinander passen, jedoch eine Herausforderung – und Chance! – sind, um diese anzupacken. Oft haben sie mit der eigenen Kindheit zu tun, die in jeder Paarbeziehung nochmals (unbewusst!) heraufbeschworen wird: der Ehepartner wird für das eigene Glück eingespannt, und kann diesen Erwartungen nur teilweise entsprechen. Oft wird ihm oder ihr dann die Schuld gegeben – anstatt zu erkennen, dass eigene ungelöste Hausaufgaben anzugehen wären, welche sich in den Reibungen und Konflikten nun zeigen. Wir können sie sehen,  wenn wir bereit werden – und den Mut finden – nicht nur die ‚Splitter’ im Auge des Partners/der Partnerin, sondern die ‚Balken’ im eigenen Auge zu erkennen. Weil dieser Prozess schmerzhaft ist, weichen wir ihm aus, und suchen nach allerlei anderen Gründen, weshalb unsere Partnerschaft nicht unseren Idealen entspricht.

Genau hier setzt das Enneagramm ein: es zeigt, welche Persönlichkeitsmuster der Partner hier beteiligt sind, und welche Spannungen, Missverständnisse und Konflikte die beiden mit ihren Muster zusammen erzeugen. Es ist meist sehr entspannend, wenn Paare mit diesem Werkzeug plötzlich verstehen können, was sie schon lange miteinander erleben: Licht kommt hinein, und beide erkennen ihre Anteile an den Mechanismen, um bei sich selbst etwas zu ändern (meist ist es etwas anderes als das zunächst Vermutete). Wenn – im Idealfall – beide das tun, kommt ein Paar tatsächlich durch die Schwierigkeiten hindurch, und stösst in bislang unerschlossenes Beziehungsneuland vor: man entdeckt neue Seiten aneinander, oft sogar mit Anflügen neuer Verliebtheit, weil man füreinander nochmals in ganz anderer Weise attraktiv wird. Andere Paare erleben das nie, weil sie vor den Schwierigkeiten resignieren oder meinen, sie hätten doch die falsche Partnerin ‚erwischt’. Nein, der ‚schwierige’ Partner ist oft der genau Richtige, der einem mit seinem Anders-Sein hilft – pro-voziert – sich  selber zu entwickeln. Dies ist der tiefere Sinn jeder Paarbeziehung.

Der Partner/die Partnerin ist ein Seelenspiegel, der früher oder später dafür sorgt, dass meine eigenen Defizite ans Tageslicht kommen: seien dies meine neurotischen Erwartungen an eine Beziehung (z.B. den Partner/die Partnerin in die Rolle einer positiven oder negativen Mutter – oder Vaters – zu drängen), oder Angst, sich tief auf einen anderen Menschen einzulassen (weil man in Schwierigkeiten kommt, z.B. den Verlust seiner eigenen Freiheit oder Eigenart befürchtet). Um es auf den Punkt zu bringen: Paarbeziehungen bringen eigene Schatten zum Vorschein, damit ihn beide – je seinen eigenen – annehmen und damit umgehen lernen. Den Anteil des ‚eigenen Bösen’ zu sehen, zu sich zu nehmen und die damit verbundene Entwicklungsarbeit zu tun, würde heissen: Vergebung zu üben und zu bekommen, sich selber und einander tiefer zu erkennen, sich abzugrenzen und anzunehmen, sich einander ganz (ohne Selbstverrat) zuzumuten …. sich also ganz aufeinander einzulassen in gegenseitiger Hingabe – als zwei freie und eigenständige Individuen, die sich aus ihren gegenseitigen Heilserwartungen entlassen. Und Liebe vermehrt schenken, anstatt bloss voneinander zu fordern – und dabei Abhängigkeit von Liebe unterscheiden zu lernen. Auf diesen Wegen gerät jede Paarbeziehung auf eine neue – nun tragfähigere – Grundlage. Einen Boden, auf dem sich Beide gegenseitig darin unterstützen, je ihr ganzes Potenzial zum Vorschein zu bringen, Nähe, Geborgenheit und Intimität zu leben, und einander zu fördern … jedoch auch weiter zu fordern.

Spirituell gesehen ist die Paarbeziehung eines der stärksten Fermente auf der Reise der eigenen Seele. Eine Entdeckungsreise zu Liebe, der grössten Kraft auf dieser Erde. Aus dieser Perspektive betrachtet ist die Paarbeziehung auch eine Reise zweier Seelen zu Gott, voll irdischer Freuden und Lebendigkeit. Dabei wird erlebt, dass der Partner/die Partnerin immer wieder neue Facetten zeigt und entwickelt, ein ganzes Leben lang – und dieses ganze Leben eigentlich gerade dazu reicht, sich einigermassen kennen zu lernen – und ein Liebes-Paar zu werden. Paarbeziehungen sind also spannend – und sie zu begleiten eine Leidenschaft von uns.

Hier ein tieferer Text: Als Paar lebendig bleiben PDF 94KB

Literatur: Eva Pierrakos, Bereit werden für die Liebe (Synthesis Verlag).
Unser ‚Rolls Royce‘ unter der Paarliteratur. Pierrakos beschreibt nicht nur die psychologische Dynamik, sondern auch die spirituelle Dimension und Bedeutung der Paarbeziehung: Sie ist ein Ferment der – nicht konfliktfreien – Entwicklung: eine Entdeckungsreise zur eigenen Seele, zu derjenigen der Partnerin/des Partners – und zu Gott/dem Göttlichen. Im Buch finden sich naheliegende praktische Hinweise, Übungen und Aufgaben.

Stephen und Ondra Levine, In Liebe umarmen. Der spirituelle Wegweiser für Liebende.
Dieses Buch zeigt, wie Präsenz (im buddhistischen Sinn) die Beziehung vertiefen und lebendig erhalten kann.
Download mit eindrücklichen Auszügen und Schlüsselzitaten von Samuel
PDF 1,2 MB

Unser Angebot – Coaching für Paare

Paare, die in gewissen Fragestellungen nicht weiter kommen – oder in spezifischen Fragen Unterstützung möchten, benutzen unser Coaching-Angebot (auch ohne Kenntnisse des Enneagramms möglich!). Entweder für eine Einzelsitzung, oder über eine gewissen Zeitraum, um Vorhaben wirklich umzusetzen, bis sie nachhaltig greifen (oft hapert es nicht an den Einsichten, sondern daran, alte Gewohnheiten zu verändern). Je nach Bedarf bleibt das Coaching mehr auf einer pragmatischen Ebene oder geht es auch in therapeutische Ebenen (wenn zum Beispiel Widerstände oder unverarbeitete Themen auftauchen, die eine Entwicklung blockieren).

Im Idealfall nehmen beide Partner am Coaching teil. Möglich – und wirksam zur Weiterentwicklung einer Beziehung – sind jedoch auch Einzel-Beratungen, falls der Partner/die Partnerin nicht mitmachen will.